Freitag, 28. Dezember 2007

Ich hab dich lieb

Liebe große Freundin!
Immer, wenn wir uns länger nicht gesehen haben und uns dann so wie gestern doch mal wieder verabreden, muss ich daran denken, wie damals alles begann und was alles geschah.
Als wir uns kennenlernten, war ich 13. Du warst gerade 33 geworden und die Freundin des Hofbesitzers, wo unser Pferd damals stand, und ich... ich war nur ich. Nicht klein, aber selber klein gemacht und sehr in mich gekehrt und so unglücklich, weil ich meine Freunde vom alten Stall vermisste. Ich kannte dich vom Sehen und aus dem Reitunterricht, den du manchmal übernahmst.
An diesem einen Abend warst du mit Maruschka auf dem Springplatz. Ich saß in der Dämmerung auf dem Wall und sah dir beim Reiten zu. Es war kurz vor den Osterferien.
Plötzlich hieltest du vor mir an.
"Bist du in den Osterferien zu Hause oder fährst du weg?"
Ich war überrascht, dass du mich das fragtest. Damit hatte ich nicht gerechnet, du warst doch die Freundin des Hofbesitzers!!! Aber ich sollte noch mehr überrascht werden.
Als ich nämlich sagte, ich würde nicht wegfahren, fragtest du mich, ob ich mich in der Woche, die du nicht da bist, um Maruschka kümmern möchte - putzen, reiten, alles.
Ich war platt, aber ich hab mich so gefreut darüber. Klar wollte ich. Und wie.
Also: Proberitt auf Maruschki.
Du warntest mich vor. "Wenn du galoppierst, bleib auf dem Zirkel, sonst kann man sie schwar halten, das ist eine kleine Rennmaus..."
Ha, ich habs noch nicht mal geschafft, sie auf dem Zirkel zu halten an diesem Tag und natürlich zischten wir kreuz und quer über den Platz, wie eine Rakete. War aber nicht schlimm, du warst kein bisschen böse.
In den nächsten Tagen gabst du mir ein bisschen Unterricht auf der Süßen und dann warst du eine Woche weg.
Als du wiederkamst, war ich ein bisschen traurig. Ich kam mit Maruschka mittlerweile super zurecht und fand es schade, dass die Woche schon um war. Du Liebe aber hast mir angeboten, ich könnte sie doch auch weiter ein paar mal ie Woche reiten, du hast eh wenig Zeit und schaffst es meist nur am Wochenende mal drauf zu sitzen... Oh, was war ich glücklich!
So fing alles an.
Ein Jahr ritt ich Maruschka noch, dann hab ich es nicht mehr geschafft, weil wir mittlerweile an einem anderen Stall standen, wo ich neben meinem noch 2 andere Pferde hatte, um die ich mich regelmäßig kümmern musste.
"Behalt mal noch den Schrankschlüssel" hast du gesagt. "Wer weiß, ob du den nicht noch mal brauchst".
Ein Jahr später (wieder ein anderer Stall) sagtest du, du würdest Maruschki verkaufen, wegen zu wenig Zeit. Mir würdest du sie schenken, sagtest du, mit allem Zubehör. Meine Eltern waren dagegen.
Sporadisch hatten wir hin und wieder Kontakt. Mal gar nicht, mal etwas mehr, meistens aber doch dann gar nicht.
Im Sommer traf ich dich auf einem Turnier, nachdem wir ewig nichts voneinander hörten. Es war eine psychisch sehr kaputte Phase damals. Ich trug ein T-Shirt. "Hast du dich da verletzt?" Ich ging nicht sehr drauf ein, entschuldigte mich per SMS ein paar Tage später. Du hast dir das alles schon gedacht, sagtest du nur. Und "es ist ok".
Länger wieder kein Kontakt, erst 2003 wieder. Deine Nummer gab mir deine Schwester, als ich im Laden anrief und nach dir fragte. Ich kann euch beide am Telefon heute noch immer nicht auseinanderhalten.
Es folgte eine schöne intensive Zeit. Ich war oft mit dir am Stall oder bei dir zu Hause.
Ich weiß noch, wo ich mir in Münster die Uni ansah, mit Dominik und Janine und Frau A.-S., da kam eine SMS von dir, dein Vater sei gestorben... Es war ein Geben und Nehmen, von Anfang an. Du warst nicht die Große und ich die Kleine... wir waren beide gleich. Geschenk für deine Schwester im Centro kaufen - ich weiß noch, in dem einen Laden war das billigste, was ich sah, ein Schal... und der kostete 65 Euro... Es war schön - Bis deine Lernzeit anfing.
Du wolltest keinen Kontakt mehr, wegen wieder zu wenig Zeit und ich geriet richtig in Panik. Ich verstand nicht. Ich war traurig, ich war sauer und ich war enttäuscht.
"War das alles eine Ausnahme?" fragte ich?
-"Ja, weil du so ein liebes Schätzchen bist!"
Damit konnte ich nichts anfangen.
Ich hab nicht verstanden, dass diese Situation nur so lange dauert, wie du lernen musst für deine Prüfung. Hätte ich das gewusst, aber ich wusste es nicht.
Nach einem erneuten Gespräch mit dir hatte ich es dann endlich begriffen. Keinen Kontakt jetzt, aber nicht für immer. Ach soooooo....
Nachdem ich das einmal kapiert hatte, war es kein Problem mehr. Ich vertraute dir und damit hatte sich das.
Als wir wieder Kontakt hatten, hattest du mittlerweile ein neues Pferd- Aquarius.
Geplant war der Kauf nicht, er war ein Notfall.
Du suchtest jemanden, der ihn für dich reitet, wenn du keine Zeit hast, wolltest aber nicht irgendwen, du wolltest mich.
"Siehst du, war richtig, dass du die Schlüssel noch behalten hast!"
So ritt ich das Schätzchen 2-3 mal die Woche. Das fiel in die Zeit, wo ich eine krasse Essstörung hatte. Wie ich das neben meinem Praktikum mit knapp 50 Kilo bei meiner Größe noch schaffte, ist mir noch immer ein Rätsel.
Im Februar 2005 lag ich wegen einer OP im Krankenhaus. An dem Tag, wo ich entlassen wurde, hattest du in der selben Stadt ein Seminar, also fuhr ich mit meiner Reisetasche dorthin und du brachtest mich nach Hause.
Als du mich -mittlerweile nur noch 47 Kilo- sahst, erschrackst du sehr. Du wolltest nicht mehr, dass ich Aquarius reite. Erst sollte ich wieder zunehmen. "Du kannst ja kaum noch den Sattel schleppen!" sagtest du und nahmst mir meine noch viel schwere Reisetasche ab. Es folgte der erste Klinikaufenthalt. Nach der Entlassunf wog ich 54 Kilo und hatte deinen Segen, um weiter zu reiten.
Ein paar Monate später rettetest du mich davor eine Scheinehe einzu- und damit einen großen Fehler zu begehen.
Als ich dir unter Tränen von der Geschichte erzählte, hast du mit geheult, weil ich das partout nicht rückgängig machen wollte. "Ich hab es denen doch versprochen..."
Lange lange haben wir geredet, ich bekam am Ende Wein und Klosterfrau Melissengeist und konnte endlich den Hörer in die Hand nehmen und per Telefon alles abblasen. Das zog den Verlust zweier Freundschaften mit sich und ich weinte bitterlich.
Du warst da! Du nahmst mich in den Arm und wiegtest mich wie ein Kind. Als ich wieder einigermaßen beieinander war, gingen wir mit deinem Hund in den Wald und fuhren danach zum Stall.
"In dem Zustand lass ich dich nicht alleine" sagtest du, und so schlief ich die Nacht auch bei dir. Am nächsten Tag brachtest du mich zur Grundschule, wo ich Praktikum machte. Mein Handy hast du zwei Tage lang behalten "damit die dich gar nicht erst erreichen können!".
Als du letztes Jahr im Oktober schriebst, du würdest aufgrund Lernerei wieder abtauchen und dich erst im Mai wieder melden, war das gar kein Problem mehr. Ich wusste, woran ich bin und ich wusste, wenn du das sagst, kann ich dir vertrauen. Ich wartete sogar noch bis Juni und auch das war ok. Klar sagte ich zwischendurch, wenn Bianca und ich mal fast bei euch am Hof vorbei ritten (Aquarius ist ja seitdem in Berlin bei deiner Freundin, darum reite ich ja jetzt Biancas Tinker) "Haaach, wann ist endlich Mai...", aber naja, ich konnte warten.
Grins, und ich erinner mich noch an das Lernen für meine doofe Bioklausur mit den Synapsen und allem und an dein Punktesuchen an meinen Fingern und Füßen für deine Prüfungen.
Große Freundin, ich hab dich lieb!
Irgendwann hast du mal gesagt, bei einer richtigen Freundschaft spielt es keine Rolle, ob man sich mal lange nicht sieht. Man hat immer einen Draht zueinander und der geht auch nicht kaputt.
Wir haben so einen Draht! Trotz 19 Jahre Altersunterschied! Vor kurzem erst schriebst du mir "Gleichberechtigt warst du übrigens schon immer".

Ich drück dich! Schon 10 Jahre lang!

Jenny - könnte noch sooooo viel mehr schreiben, aber Oberhausen ruft...

Damien Rice - 9 Crimes



Einfach nur mal, weils so schön ist und ich es eh grad rauf und runter höre...

"Gleichberechtigt warst du schon immer..."

Ich muss jetzt schnell Gassi und nach Igelchen sehen.
Aber ich wollte mal eben schnell vorher festhalten, dass ich voller Zufriedenheit bin.
Noch einmal frag ich mich selber: Was suche ich anderswo? Ich hab hier doch alles was ich brauche!
Das vergess ich wohl nur allzu gerne und allzu leicht.
Eben wurde ich wieder daran erinnert!
Festhalten sollt ich das. Mir eintätowieren. An die Wand malen. Nur nicht mehr vergessen!
Nur weil ich jemanden nicht sehe, heißt es nicht, dass er nicht da ist. Oft genug hat sich das in dieser Freundschaft bereits gezeigt. Ich sollte meiner großen Freundin noch mehr vertrauen :-)

Sadiie

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